Noch nicht ganz perfekt  Flaggen von GB und USA

Test des Diorama-Bausatzes 'Scenery-Kit' der Firma Noch (Best.Nr. 98910)

alle Teile des Scenery-KitsSie möchten ohne große Modellbauerfahrung ein beeindruckendes Landschafts-Diorama gestalten und dabei quasi spielerisch professionelle Techniken erlernen? Diesen Erfolg verspricht die Firma NOCH bereits seit dem Jahr 1999 mit dem Scenery-Kit (Best.Nr. 98910), das der Kooperation mit dem amerikanischen Hersteller Woodland Scenics entstammt. Für rund EUR 50,-- (07/2006) erwirbt der Modellbaufreund einen stattlichen Karton, der randvoll gefüllt ist mit einem umfangreichen Sortiment an Farben, Klebstoffen, Streu- und Beflockungsmaterialien, Gleis, 'Pflanzen', Felsen und sogar fertig gesägten Rahmenteilen. Alles ist sorgfältig und für den Transport zum Kunden sicher verpackt, den ordentlichen Eindruck störte allenfalls eine dünne Schicht weißer Staub - wohl Gipspulver -, der allen Teilen anhaftete. Unserer Packung lag obendrein der aktuelle NOCH-Hauptkatalog bei, der allerdings nicht ganz über einen fehlenden Baum hinwegtrösten konnte: Während die Abbildungen und die Inhaltslisten von Verpackung und Anleitung 3 Bäume versprechen, lagen stattdessen nur 2 der noch zu beflockenden Baumrohlinge bei. Hier hat ganz offensichtlich die Endkontrolle des Herstellers einen schlechten Tag erwischt...

Die dem Scenery-Kit beigefügte Anleitung ist schlicht die beste, die wir je in Händen hatten: Einschließlich Einband 52 DIN-A4-Seiten stark, im Hochglanzformat geradezu verschwenderisch bebildert, mit textlicher Erläuterung eines jeden Arbeitsschritts - nur die unübersehbar auf dem Titelblatt prangende Preisangabe 'EUR 4,50' verrät, dass es sich dabei eigentlich um einen separat unter der Bestellnummer 98900 erhältlichen Leitfaden zum Arbeiten mit Produkten aus dem NOCH-Landschaftsbausortiment handelt. Wer das darin beschriebene Musterdiorama bauen möchte, geht mit dem Erwerb des fertig zusammengestellten Scenery-Kits nicht nur den unkompliziertesten sondern gleichzeitig den preiswertesten Weg: Sofern überhaupt im regulären Sortiment erhältlich, kosten die zum Bau des Landschaftsdioramas benötigten Einzelprodukte bzw. Produktsets zusammen weit über EUR 100,--!

Rahmen mit BahntrasseDoch genug der Theorie, der Zusammenbau des Rahmens aus den beiliegenden, recht exakt vorgesägten Hartfasereinzelteilen führt den Modellbauer bereits nach kurzer Zeit zu einem ersten Erfolgserlebnis; für die Bodenplatte des Dioramas haben wir jedoch eine weitere Hart- faserplatte aus unserer Restekiste verwendet. Wohl weniger aus Umweltschutz- denn aus Kostengründen schlägt die Firma NOCH in der Bauanleitung stattdessen vor, diese aus der Pappverpackung des Scenery-Kits zurechtschneiden - hierzu fehlte uns aber einfach das Vertrauen in die Stabilität... 

Die hügelige Geländestruktur entsteht dann durch das Übereinanderstapeln von eng zusammengefalteten Zeitungspapierbündeln in verschiedenen Größen, die mit Klebeband fixiert und anschließend mit Gipsbinden in doppelter Schichtung überzogen werden. Diese Lösung ist ebenso simpel wie genial und führt mit wenig Zeitaufwand zu einem ansprechenden Ergebnis.

die Gipslandschaft mit vorab eingepassten und kolorierten FelsenAllerdings sollte die bis dahin tadellose Anleitung hier deutlicher darauf hinweisen, dass die Gipsbinden vor dem Trocknen zügig solange mit den Händen überstrichen werden müssen, bis die Oberfläche keine Löcher mehr zeigt, sonst wird Nacharbeiten mit Gipsmasse unumgänglich.

Ohne in der Anleitung Erwähnung zu finden, liegt dem Scenery-Kit neben einem Schienenstück ein Gleisbett aus dunkelgrauem Schaumstoff bei, das bei funktionsfähigen Eisenbahnanlagen vor allem für leiseren Lauf des rollenden Materials sorgen soll. Bei dem hier entstehenden Kleindiorama hingegen macht es nicht wirklich Sinn, und wir hätten uns stattdessen viel eher den fehlenden Baum gewünscht...

Außerordentlich aufregend gestaltete sich die Verwendung des Scenic-Cement, einem transparent trocknenden Fixierkleber, der je nach Objekt mit einem Pinsel, einer Pipette oder dem beiliegenden Pump-Sprühkopf aufgetragen werden kann. Abgesehen davon, dass dessen Saugröhrchen viel zu lang war und erst gekürzt werden musste, blieben uns die z.T. großen, gallert- bis gummiartigen Klumpen in dem ansonsten sehr flüssigen, milchigen Klebstoff bis zuletzt ein Rätsel. Es drängt sich die Vermutung auf, dass das Produkt überlagert war, wenngleich der beiliegende, brandaktuelle Katalog auf eine kürzlich erfolgte Verpackung der Materialien hindeutet. Jedenfalls verstopften die Klumpen immer wieder sowohl unsere Pipette als auch den ab Werk mitgelieferten Sprühkopf, eine homogene Flüssigkeit war auch durch ausgiebiges Rühren oder Schütteln nicht zu erreichen. Ein vorsichtiges, gleichmäßiges Benebeln zur Fixierung der lose beflockten Flächen war so erst recht nicht möglich, die Dioramenlandschaft sah nach dem Bespritzen eher aus, als hätte sie gerade einen heftigen Niesanfall ihres Schöpfers erleiden müssen. In diesem Moment machte sich insofern zunächst etwas Verzweiflung breit, tatsächlich glich aber die nunmehr recht unregelmäßige, teils klumpige 'Gras'oberfläche exakt den Bildern in der Bauanleitung. Nach dem vorschriftsmäßigen 'Bepflanzen' des Dioramas mit den restlichen Vegetationselementen sowie dem Verteilen des Miniaturgerölls wich dann unser Unglücksgefühldas fertige Diorama - ein Stück Welt im Modell!innerhalb kürzester Zeit eher ungläubiger Begeisterung: Der Scenic-Cement hatte alles praktisch unsichtbar fixiert, und vor uns liegt nun eine faszinierend realistische, urwüchsige Berglandschaft, die künftig als dreidimensionaler Foto- bzw. Präsentationshintergrund für einzelne Lokomotiven und Wagen dienen wird.

Fazit

Tatsächlich ist das Scenery-Kit gut geeignet, auch ungeübtere Bastler in die Welt des professionellen Landschaftsmodellbaus einzuführen. Der fortgeschrittene Modellbauer wird den vergleichsweise geringen Zeitaufwand schätzen, mit dem sich ein optisch überzeugendes Landschaftsdiorama herstellen lässt. Wir sind jedenfalls jetzt richtig 'heiß' auf selbst geplante Geländebauprojekte und werden dabei sicherlich auch auf Produkte aus dem Hause NOCH zurückgreifen. Der Kaufpreis geht übrigens völlig in Ordnung, zumal von den Arbeitsmaterialien einiges für künftige Werke übrig geblieben ist.

 

Test - Überblick*
Verpackung (100) 82
Schutz des Produkts (25) 20
Entnahme der Teile (10) 8
Informationsgehalt (45) 37
Übereinstimmung Produktfotos - Produkt (20) 17
Bauteile und Arbeitsmaterialien (250) 205
Sauberkeit (30) 27
Zustand der Teile (40) 35
Vollständigkeit (35) 15
Passgenauigkeit (40) 30
Materialanmutung (25) 22
Detailreichtum (40) 38
Filigranität (40) 38
Bauanleitung (150) 142
Verständlichkeit (40) 37
Abbildungen (35) 32
Übereinstimmung von Abbildungen und Beschreibung mit den Produktteilen (20) 20
Hinweise auf Werkzeuge und zusätzlich benötigte Materialien (15) 15
Layout (20) 18
Papierqualität (10) 10
Druckqualität (10) 10
Zusammenbau (300) 267
Vorbereiten der Einzelteile (30) 25
Variationsmöglichkeiten beim Zusammenbau (50) 48
Realisierbarkeit der Herstellervorgaben (60) 55
Abwechslung beim Zusammenbau (60) 55
Eignung für Anfänger (50) 39
Zeitaufwand (50) 45
Gesamteindruck des fertigen Modells (200) 190
'Erster Eindruck' (40) 39
Detailtreue (40) 37
Realitätsnähe (40) 38
Farben (40) 38
Maßstäblichkeit (40) 38
Gesamtwertung: sehr gut  886
(max. 1000)

*Lesen Sie hier, nach welchen Kriterien wir Bausätze bewerten.

Test Oktober 2006   © Volker Labitzke - www.welt-im-modell.de - hier geht's zur  Startseite